Am Sonntag, den 24.September 2017 ist es soweit. Einmal mehr sind wir Bürger der Bundesrepublik Deutschland aufgefordert, zu wählen.
Den 19. Deutschen Bundestag. Nicht den Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin. Musste hier mal gesagt werden.
Mehr als 40 Parteien stellen sich zur Wahl. Und alle diese Parteien können demokratisch gewählt werden.
Sie haben die Zulassung erhalten, und sie gehören in die Vielfältigkeit unserer Demokratie.
Dass manche von uns die eine oder andere Partei lieber nicht in der Wahlliste sehen möchte, ist verständlich, darf aber nicht dazu führen, dass man Wahlplakate abreisst oder gar die Parteimitglieder, Wahlhelfer etc. „angeht“.
Weder mit Buhrufen, noch mit Trillerpfeifen, noch durch das Werfen irgendwelcher zum Wurfgeschoss umgewidmeter Nahrungsmittel. Und erst gar nicht durch Morddrohungen.

Über vierzig Parteien stellen sich zur Wahl. Und jede hat ein Konzept, ein Wahlprogramm. Wir können am Sonntag die Partei wählen, die unserer Einstellung, unseren Vorstellungen am ehesten entspricht.
Wir können wählen. Demokratisch.
Und das bedeutet, dass am Ende die Parteien in den Bundestag kommen, die von den Bürgern die meisten Stimmen bekommen haben. Ob es einen Ruck gibt, eine Veränderung, das bestimmen die Wähler.

Da sind Kinder und Jugendliche aus Afghanistan geflohen. Das Wort geflohen ist wichtig. Nicht ausgewandert. Oder für ein FSJ mal ein Jahr weggegangen. Oder ein Jahr Australien, NewYork oder was auch immer. Geflohen aus einem Land, vor dem das Auswärtige Amt warnt, weil es zu unsicher ist. Zu unsicher für Deutsche, aber scheinbar sicher genug für Menschen, die vor einiger Zeit aus Angst aus ihrem Heimatland geflohen sind. In ein Land, in dem sie erst mal Sprache und Gepflogenheiten zumindest ansatzweise lernen mussten. Junge Menschen, die nichts anderes als Terror und Gewalt in ihrem Leben erfahren und gesehen haben.

Im Angesicht der Gräueltat in Manchester, stehe ich wieder da – hilflos und traurig, aber auch wütend. Ich stehe so da, wie damals bei den Anschlägen in Paris, Nizza, London, Berlin… – und in Afghanistan, Syrien, Thailand, Afrika…

Ich stehe da, fühle Trauer. Trauer, weil Menschen einfach so ermordet wurden. Menschen, die der Mörder nicht kannte, Menschen, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Trauer, dass Menschen anderen Menschen so etwas antun können.

Ich stehe da und bin wütend. Wütend über die, die schon wieder alles besser wissen. Über die, die (vielleicht zu Recht?) beklagen, dass das alles nur auf die kapitalistische Ausrichtung unserer westlichen Welt zurückzuführen ist. Über die, die wieder in den ewig gleichen Sätzen ihr Mitgefühl ausdrücken, aber im nächsten Moment sich wieder von den politischen Mächten missbrauchen lassen.

Da isser nun im Amt, Amerikas „Mr President“. Und was macht er? Er erdreistet sich, genau das zu tun, was er im Wahlkampf angekündigt hat.
Wenn man es mal objektiv betrachtet, kommt er seinen Wahlversprechen besser nach, als jeder Präsident der Vereinigten Staaten vorher.
Und so schnell. Es geht Schlag auf Schlag.
Und es passiert genau das, was er und sein „Inner Circle“ vor haben:

Der Bogen wird überspannt, die Allgemeinheit regt sich über die Massnahmen auf, geht auf die Strasse, protestiert. Die Medien stürzen sich auf die überzogenen Massnahmen, manche Bürger lassen sich dazu hinreissen, über die demokratischen Stränge zu schlagen und ebnen damit unbewusst den Weg, den dieser Präsident mit seinen Lakaien gehen will.
Die Medien, die Allgemeinheit sind zum Beispiel momentan beschäftigt, sich über das Einreiseverbot aufzuregen, das sogar „Green Card“ Besitzer aus den Staaten betrifft. Dieses Einreiseverbot ist jetzt auf jeden Fall mal das Thema für zumindest ein paar Tage. Dann wird Trump und sein Stab mit irgendeinem anderen Thema nachlegen. Das sind die Themen für die Allgemeinheit. Im Prinzip das grosse Stück Fleisch, das den Löwen ablenken soll, um nebenher ein Gitter um ihn herum zu bauen.
Alle stürzen sich auf das grosse Stück Fleisch und konzentrieren sich darauf, und nebenbei höhlt Trump das „Check and Balance“ System aus. Genau das System, auf das nach seiner Wahl die Amerikaner vertraut haben, die keine Hillary Clinton haben wollten und einen Trump wählten. Darunter auch viele Republikaner, die gegen Trump waren und sind und glaubten, sie können den Präsidenten in einem demokratischen Staat durch die Genehmigungsverfahren im Griff halten.
Es sieht so aus, als ob Trump sukzessive das „Check and Balance“ aushebelt, in dem er die für ihn richtigen Leute da einsetzt, wo er andere feuert oder zum Rücktritt zwingt.

Es ist zum Mäuse melken. Was man macht, ist falsch. Und jeder meint, alles kritisieren zu können, ohne aber wirklich eine Alternative anzubieten.
Silvester 2015 endete in Köln im Chaos, die Polizei war überfordert, nicht präsent, hat scheinbare Anzeichen nicht ernst genommen.
An Silvester 2016 sollte sich das nicht mehr wiederholen, also wurden die Erkenntnisse ausgewertet und Massnahmen eingeleitet, Pläne ausgearbeitet etc.

Und es ist scheinbar dieses Mal nichts passiert, was es wert gewesen wäre, zu berichten.

Man ist fast geneigt zu sagen „leider“, denn mir kommt es vor, als ob man krampfhaft das Thema „Silvester in Köln“ warmhalten will. Und weil es letztes Mal geklappt hat, die Polizei zu kritisieren, dann muss das auch dieses Jahr funktionieren. Auch wenn eigentlich alles geklappt hat.

Mit diesem Zitat von Jean Paul Sartre möchte ich heute den letzten Blogeintrag für dieses Jahr beginnen. Ich weiss nicht, in welchem Zusammenhang Monsieur Sartre diesen Satz gesagt hat und ich werde ihn hier einfach so verwenden, wie ich ihn sehe.

Auf jeden Fall hat Sartre den Satz sicher nicht in 2016 gesagt, und es zeigt sich, dass wir Menschen in jeder Zeit gedacht haben, dass die Zeiten früher besser waren und dass es immer schlimmer wird. Wenn man sich an all den Schlagzeilen des Jahres orientiert, dann sieht es ja auch (mal wieder) so aus, als ob es schlimmer nicht werden könnte. Oder als ob wir es nicht aufhalten können, dass wir geradezu ins Chaos steuern.

deutschlandfahnenWelch Name für einen Feiertag… „Tag der Deutschen Einheit“….
Welche Einheit, fragte ich mich gestern…
Wo sind wir in Deutschland uns noch einig? Wo haben wir eine Einheit? Ein Feiertag, der dazu da ist, sich zu besinnen, was dazu geführt hat, eine Einheit eines Landes zu feiern.
Deutschland wurde nach dem unseligen Krieg, angezettelt durch das Nazi Regime im Deutschen Reich, von den Siegermächten in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Niemand in Deutschland wurde damals gefragt, wo er denn gerne leben möchte. Die Siegermächte nannten sich „Die Alliierten“, es waren Frankreich, Grossbritannien, die USA und als vierte Besatzungsmacht Russland. Leider waren die Ideologien der „West-Alliierten“ anders als die Ideologie Russlands. Machtkämpfe mündeten im Kalten Krieg, der nur nach aussen kalt war, zu manchen Zeiten jedoch sehr kritisch. Wir sind, wenn man Experten glaubt, damals knapp an einem Atomkrieg vorbei geschrammt. In dessen Zentrum wäre das (geteilte) Deutschland gewesen. Über Jahrzehnte gab es Versuche, die Spannung, die sich auch zwischen den beiden deutschen Staaten aufgebaut hatte (nicht ohne das Zutun der „grossen Brüder“ USA und UdSSR), abzubauen. Es gelang mal mehr, mal weniger.

Endlich an der Luft, die frische Luft, die ich so sehr vermisst habe.
Befehle, Schreie, Menschen, die Menschen irgendwohin treiben
Menschen, die andere Menschen verraten, belügen
Menschen, die anderen Menschen Leid zufügen
Zwei Klassen von Menschen. Menschen mit und ohne Stern.
Trotzdem Menschen
Wir wurden verraten.
Warum mussten wir uns verstecken?
Jetzt kommen wir in ein Straflager
Weil wir uns nicht freiwillig gemeldet haben
Warum sollten wir uns melden?
Weil wir Juden sind?
Weil wir eine Gefahr sind?
Für wen?
Für die Menschen?
Für die Deutschen?
Für die Niederländer?
Wir kommen in die Waggons
Ganz normale Waggons
Mit Fenstern
Die Türen werden von aussen geschlossen
Aber die Fenster sind nicht verdunkelt
Ich sehe die Landschaft
Felder, Wiesen
Ich sehe den Himmel und die Wolken
Es ist Sommer
August
Und ich bin tagsüber endlich wieder „draussen“
Das Versteckspiel hat ein Ende
Ich bin erleichtert
Glaube, dass doch alles gut wird
Ich will nicht nachdenken
Nicht jetzt
Habe so viel nachgedacht
Habe so viel geschrieben
Ich will einfach das Licht geniessen
Die Sonne
Den Sommer
Durch die Glasscheiben
Des Zuges, der uns ins Straflager bringt
Wir werden bestraft, weil wir anders sind
Und Menschen brauchen Menschen, die anders sind
Menschen, die an allem schuld sind
Menschen, die man bestrafen kann
©Jörg Wagner