Verhalten gestört?

Bahnanzeige
Bild: Quelle unbekannt

Oktober 2014. Die Volksfeststimmung auf dem Cannstatter Wasen erreicht den Höhepunkt. Torschlusspanik, es sind nur noch wenige Stunden, dann ist wieder für ein Jahr Schluss, wenn man das Frühlingsfest etc. nicht mitzählt. Ausgelassenheit und Alkohol führen manchmal dazu, dass Menschen nicht mehr so funktionieren, wie es nötig ist, um ein reibungsloses Miteinander zu gewährleisten. Zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln, zu denen auch die S-Bahnen und Nahverkehrszüge gehören. Ballons in den Oberleitungen, die für Störungen sorgen, mögen noch einem „Versehen“ zuzuordnen sein, die Dinger fliegen halt mal hoch, wenn man sie loslässt. Menschen, die quer über die Bahnhofsgleise latschen, oder sogar sich unter der stehenden S-Bahn durchrobben, um auf den Wasen zu kommen, kann man schwerlich unter „normaler Funktion des Denkapparates“ einordnen. Pöbelnde Wasenbesucher im Zug gehören auch nicht zum normalen Verhalten der Spezies Mensch – zumindest bis jetzt noch nicht.
„Verhaltensgestört“ wird in der Medizin eine Krankheit bezeichnet, in der Umgangssprache einfach ein Mensch, der – zumindest temporär – ein Verhalten an den Tag legt, welches nicht erklärbar ist.
Jetzt hat ein Bahnmitarbeiter, der entweder ob der vielen Störungsmeldungen genervt war, oder der eben einen Scherz in der Wasenzeit machen wollte, einen Satz in Lauftext der Bahnsteiginformation eingegeben, der auf der einen Seite für Empörung und auf der anderen Seite für Zustimmung bzw. Belustigung sorgt.
„Es ist mit überfüllten Zügen und verhaltensgestörten Personen zu rechnen“ stand auf den Anzeigen. Die Bahn hat sich schon entschuldigtund wahrscheinlich bekommt der Mitarebeiter zumindest eine „auf’s Dach“, wenn nicht Schlimmeres.
Was ist so schlimm an diesem Vorfall? Wer fühlte sich da angegriffen? Lasst doch die Kirche im Dorf und bauscht so eine Sache nicht unnötig auf.
Ich weiss, es werden jetzt wieder Kommentare kommen, dass es eine offizielle Information der Deutschen Bahn war und man da auch „korrekt“ sein müsse, etc.
Lasst uns einfach ein wenig lockerer sein, denn die Anzeige hat mit Sicherheit auf die Gesichter einiger Bahnreisenden in der Stuttgarter Gegend ein Lächeln gezaubert. Und das ist viel Wert.

Artikel der Stuttgarter Zeitung