Am 15. Juni 1961 stellte die Journalistin Annamarie Doherr von der Frankfurter Rundschau folgende Frage an Walter Ulbricht auf einer internationalen Pressekonferenz im großen Festsaal des Hauses der Ministerien in Ost-Berlin:
„Ich möchte eine Zusatzfrage stellen. Herr Vorsitzender, bedeutet die Bildung einer freien Stadt Ihrer Meinung nach, dass die Staatsgrenze am Brandenburger Tor errichtet wird? Und sind Sie entschlossen, dieser Tatsache mit allen Konsequenzen Rechnung zu tragen?“
Annamarie Doherr von der Frankfurter Rundschau am 15. Juni 1961
„Ich verstehe Ihre Frage so, dass es Menschen in Westdeutschland gibt, die wünschen, dass wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR mobilisieren, um eine Mauer aufzurichten, ja? Mir ist nicht bekannt, dass [eine] solche Absicht besteht, da sich die Bauarbeiter in der Hauptstadt hauptsächlich mit Wohnungsbau beschäftigen und ihre Arbeitskraft dafür voll ausgenutzt wird, voll eingesetzt wird.
Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.
Wir sind für vertragliche Regelung der Beziehungen zwischen Westberlin und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik.
Das ist der einfachste und normalste Weg zur Regelung dieser Fragen.Die Staatsgrenze verläuft, wie bekannt, z. B. an der Elbe usw. Und das Territorium Westberlins gehört zum Territorium der Deutschen Demokratischen Republik. In gewissem Sinne gibt es selbstverständlich staatliche Grenzfragen auch zwischen Westberlin und der Deutschen Demokratischen Republik, wenn die Neutralisierung Westberlins erfolgt. Aber es besteht ein Unterschied zwischen den Regelungen, die für die Staatsgrenze mit Westdeutschland gelten, und den Regelungen, die für Berlin getroffen werden.“
Staatsratsvorsitzender Walter Ernst Paul Ulbricht
Zwei Monate später wurde die Sektorengrenze abgeriegelt und an einigen Stellen Mauern errichtet oder Zäune aufgestellt und Stacheldraht gezogen. Der 13. August 1961 wird als „Tag des Mauerbaus“ bezeichnet – eine „Mauer“, die zwei Monate vorher als Wort erstmals von Ulbricht in der Antwort auf die Frage von Frau Doherr in den Raum gestellt wurde und dessen unabsichtliche Errichtung immerhin den Grossteil der NVA und ca 10000 Polizisten beschäftigt hat.