Was hat ein Bleistift, eine Schere und der Klebefilm (auch „Tesa“ genannt) mit der Compact Cassette zu tun?
Wer weiß überhaupt noch, was eine »Compact Cassette« ist?
Eines vor dem anderen. Also die Compact Cassette und der »Kassettenrekorder« werden gerade 60 Jahre alt. Eigentlich habe ich schon geglaubt, dass das ehrwürdige Aufnahmegerät und die dazugehörigen Tonträger zum Selbstbefüllen total in Vergessenheit geraten sind.
Dem ist aber nicht so. Es gibt Zeitgenossen und -genossinnen, die ihre Kassetten mitsamt Rekorder noch pflegen. Das ist bei mir zwar nicht der Fall, aber es sind Kassetten sowie Rekorder noch vorhanden.
Als Jugendlicher war der Kassettenrekorder die Welt zur Musik. Schallplatten konnten wir uns nicht wirklich leisten. Und wenn jemand eine Plattensammlung hatte, dann durfte er allen in seinem Bekanntenkreis die LP auf die Kassette spielen. Auch ich habe meine Schallplatten auf Kassette gezogen, um die empfindlichen Platten zu schonen. Außerdem konnte ich in »meinem« VW Käfer, der eigentlich meiner Mutter gehörte, dann auch die Wunschmusik hören, ohne immer wieder am Senderknopf drehen zu müssen.
Was habe ich mich über die Moderatoren geärgert, die nicht warten konnten, bis das Lied zu Ende war. Heute ist das jedem ziemlich egal. Aber damals gab es kein Internet-Streaming.
Jetzt ist die Kassette mit Rekorder 60 Jahre alt, und ich bin drei, na ja zwei dreiviertel Jahre älter. Papa hatte noch Tonband mit allem Aufwand, ich konnte die Kassette einlegen und sie ohne großen Spulaufwand auch wieder herausholen.
Jetzt zu Bleistift, Schere und Klebeband:
Manchmal, warum auch immer, gab es Bandsalat. Meist war es möglich, die Kassette mit dem Salat mit wenig Geknitter aus dem Gerät zu entfernen, und dann konnte man mit einem Bleistift (eckig musste die Bleistifthülse sein) das Band vorsichtig wieder in die Kassette zu wickeln.
Manchmal hatte sich das Band im Rekorder jedoch so verheddert, dass es sich schon total verzogen hatte oder nur unter Beschädigung gerettet werden konnte.
Dann kam die Schere und der Klebefilm zum Einsatz. Unter Aufwendung feinchirurgischer Kenntnisse wurde das Band vor und hinter der Schadstelle durchgeschnitten, die Schadstelle musste leider entfernt werden und die »gesunden Teile« wurden akribisch mit Klebeband verbunden. Es durfte nichts überstehen, sonst war der nächste Unfall programmiert. (Nebenbei: Ich bin dann auf die praktischen Klebestifte umgestiegen; die haben nicht aufgetragen – nur da musste man aufpassen, dass man nicht zu viel »klebegestiftet« hat).
Der Gesangsunterbruch war dann der kleinere Schaden gegenüber dem Verlust einer ganzen Kassette.
Und nein, ich bin kein Chirurg geworden.
Happy Birthday, Compact Cassette & Kassettenrekorder.