Deutschland – Gedanken zum 3. Oktober

Tag der Deutschen Einheit. in den 90ern des letzten Jahrhunderts waren wir (zumindest die meisten, hatte ich das Gefühl) glücklich, ja stolz, dass wir nach der Trennung in West und Ost wieder ein Land waren. Dass „wir“ (und das waren vor allem die Menschen aus der „DDR“) aufgestanden sind und den Fall der Mauer und der Grenzen friedlich möglich gemacht haben.

Und heute? Bin ich noch froh darüber, dass es ein Deutschland gibt? Wäre das Aufkeimen der Neo-Nazis mit ihren pseudo-demokratischen Parteien nicht geschehen, wenn die Grenze noch da wäre? Hat unser Demokratieverständnis einen Tiefpunkt erreicht? Ist „Nie Wieder“ verpasst worden? Was ist Deutschland heute? Und wie wird es morgen sein?

In meinem Blog vom 14. Juni 2016 „Die Sache mit der Deutschlandfahne“ war ich noch voller Überzeugung, dass unser Land ein Land der Vielfältigkeit ist, dass unterschiedliche Kulturen Platz haben und die Mehrheit der Bevölkerung dies auch unterstützt und von diesen Dingen auch partizipiert. Dass Meinungsfreiheit eine Basis ist, auf der man diskutieren kann indem man den Anderen auch toleriert.

Heute habe ich das Gefühl, dass die, die am lautesten schreien, meinen, sie hätten Recht, die Leisen noch leiser werden. Diejenigen, die Kommunikation und Diskussionskultur, Faktencheck, Meinungsbildung als Säulen ihres Zusammenlebens gelernt und gelebt haben, werden angesichts des Hasses, der Schreihälse und der kontinuierlichen Präsenz der Populisten (nicht nur in der AfD gibt es die – leider) immer schweigsamer.

Die Wahlbeteiligung bei den letzten Landtagswahlen war ungewöhnlich hoch. Hinter dem Argument, dass bei einer niedrigen Wahlbeteiligung eben vor allem die zum Wählen gegangen sind, die eher extrem sind und die anderen noch nicht erkannt haben, dass die Demokratie gefährdet sei, können wir uns nicht mehr verstecken.

Können wir, die wir im „Westen“ wohnen, uns immer noch zurücklehnen und denken, dass die Situation ein „Ostproblem“ ist, weil ja da die Demokratie erst seit ein wenig mehr als 30 Jahren bekannt ist?
Ich denke nicht.

Deutschland, sind Deine „mündigen“ BürgerInnen zu einem Volk geworden, das aus (verständlichem) Frust den Rattenfängern folgt und nicht mal merkt, dass diese nicht mal ein Instrument spielen können?

Ich weiss nicht, ob ich heute den Tag der Deutschen Einheit feiern soll. Es hat sich seit der WIedervereinigung so viel geändert, was ich nicht verstehe.