Home Office wegen Corona

Vor einiger Zeit hätte diese Überschrift wahrscheinlich zu der irrigen Annahme geführt, dass ich zuhause arbeiten muss, weil ich am Vorabend zu viele Fläschchen des gleichnamigen Bieres genossen habe und wegen Restalkohol nicht mehr am Strassenverkehr teilnehmen kann.

Heute muss man einen grösseren textlichen Ausflug unternehmen, falls man über das Corona Bier reden will (dem es seit der Verbreitung des landläufig gleich bezeichneten Viruses absatztechnisch ziemlich schlecht geht – auch ein Anzeichen, dass die Panik vor dem Corona Virus seltsame Blüten treibt)

Zurück zum Home Office und Corona. Gestern war es soweit: Mein Arbeitgeber hat die Kriterien für das „Arbeiten zu Hause“ festgelegt und dann auch gleich umgesetzt. Einfache Gleichung: Hast Du Notebook, arbeitest Du von jetzt an von zuhause.
Ok, einfache Gleichungen können sogar vom „Upper Management“ gerechnet werden.

Neben der obigen Gleichung gibt es noch die „Neue Farbenlehre“:
“ „Blue Color Workers“ bleiben in der Firma und „White Color Workers“ arbeiten von zuhause…. “ , hiess es in einer internen Mitteilung.
Blue Color und White Color? Haben wir Schlümpfe und Schneemänner? Hmm, ach so, der Schreiber meint „White Colar and Blue Colar Workers“ . Auch so ein Anglizismus, den man zumindest schreiben können sollte, wenn man danach die Wertigkeit der Angestellten definieren möchte.

Ok, ich bin ein „Weisskragen“ und darfmusssoll jetzt zuhause arbeiten. Auf Widerruf. Es wird nicht gefragt, ob man zuhause Schreibtisch, einen Arbeitsstuhl, einigermassen richtige Beleuchtung hat. Auch nicht, ob es das häusliche Umfeld erlaubt. Das würde die Gleichung unnötig verkomplizieren. Und einen Internet Flatrate Zugang mit ebensolcher kostengünstiger Telefonie hat ein moderner Mensch gefälligst zu haben.

Also sitze ich jetzt zuhause, kalkuliere ängstlich den Kaffeepulver- und Toilettenpapiervorrat, der eben eisern auf einen Kaffee am Morgen und – ok lassen wir das andere – kalkuliert wurde und jetzt auf 24/7 ausgedehnt werden muss. Die in der Firma vorrätigen Kaffepads passen nicht in meine Maschine. Aber zum Glück ist das Klopapier genormt. Leider war ich nicht auf einen so schnellen Umzug meiner Arbeitsstelle nach Hause vorbereitet und hatte nur meinen normalen Rucksack dabei, und da musste ja noch das Laptopequipment rein. Mehr als zwei Klopapierrollen konnte ich nicht aus der Firma schmuggeln.

Während draussen die Coronaviren wie Hagelschauer gegen die Fenster knallen, sitze ich jetzt zum Glück geschützt zuhause und trage trotzdem zum Bruttosozialprodukt bei. Ich bin ja schon seit Jahren in der Klasse „Nicht Produktiv“ in der Firma (übrigens ist das eigentlich die offizielle Bezeichnung für die Weisskragenleute – die Schlümpfe sind nämlich alle produktiv).
Ach so, nach zwei Stunden habe ich gemerkt, dass es keine Coronaviren sind, die ans Fenster prasseln, sondern Regentropfen.

Nun ist der erste Homeofficetag vorbei. Ich wage zu bezweifeln, dass es viel bringt, dass wir uns alle aus dem Büro jetzt ins Home Office begeben, obwohl es noch keinen Verdachtsfall bei uns gibt, und wir uns alle auch nicht so attraktiv finden, dass wir uns näher als zwei Meter einander nähern.
Was ich sicher bin ist, dass ich durch einen nicht geeigneten Arbeitsplatz auf jeden Fall Kreuzweh und brennende Augen bekomme (in der Arbeit habe ich zwei 24 Zoll Bildschirme, eine richtige Tastatur und hier einen 15 Zoll Notebookschirm mit Minitastatur).

Bin schon nach der Coronapandemie gespannt auf die Schlagzeilen: „Haltungsschäden auf unerklärliche Weise im Jahr 2020 gestiegen“

Übrigens: Für nächste Woche haben wir uns jetzt reihum verabredet. Jeden Tag machen wir zusammen Home Office bei jemand aus dem Team. Alleine ist langweilig. Bin schon auf die Gesichter bei der Videokonferenz gespannt, wenn von den anderen Teams alle alleine in die Kamera schauen und wir dann als Brezel essendes Gruppenbild gegenhalten.