Die Weisheit und der Witz eines MiniBus Onkels aus Hongkong

MiniBus in Hong Kong

Balsam gegen Herzschmerz

Es war lange ruhig in den hiesigen Medien, was Hong Kong betrifft. Corona hat alles überdeckt und so sind auch die über 8000 Personen, die bei den Demonstrationen in Hong Kong inhaftiert wurden, in Vergessenheit geraten. Nachdem jetzt aber in China der Volkskongress tagt, bei welchem wieder neue Entscheidungen getroffen werden, die die Sonderstellung Hong Kongs einschränken und den Vertrag, der Hong Kong unter dem Begriff „Ein Land- zwei Systeme“ bis 2047 eine gewisse Autonomie gegenüber „Mainland China“ zusichert, aushöhlen, gehen die Demonstrationen wieder los, bei denen die Hong Kong (Riot) Police mit unglaublicher Härte und Unverhältnismässigkeit versucht, den Freiheitswillen der Hong Konger zu brechen.

Ich verfolge so gut ich kann die Vorgänge in Hong Kong, einer Stadt, in der ich relativ oft und gerne war und mit Sorge sehe, wie die Volksrepublik China immer mehr Einfluss auf diesen Teil ihres Staates nimmt.

Über Twitter bin ich auf eine Geschichte gestossen, die ich hier so gut ich konnte ins Deutsche übersetzt habe und die im Original unter https://medium.com/@xinwenxiaojie/the-wisdom-and-wit-of-a-hong-kong-uncle-6c29ef741221 gelesen werden kann. Ich danke Yuen Chan für die Genehmigung der Veröffentlichung.

It has been quiet in the local media for a long time concerning Hong Kong. Corona has covered everything and so the more than 8000 people who were imprisoned during the demonstrations in Hong Kong have been forgotten. But now that the People’s Congress is meeting in China, in which new decisions are being made which limit the special position of Hong Kong and undermine the treaty which guarantees Hong Kong a certain autonomy from „Mainland China“ under the term „One Country – Two Systems“ until 2047, the demonstrations are starting again, in which the Hong Kong (Riot) Police tries with incredible hardness and disproportion to break the will of the Hong Kong people for freedom.
I follow as best I can the events in Hong Kong, a city where I have been relatively often and gladly, and see with concern how the People’s Republic of China is exerting more and more influence on this part of its state.
Via Twitter I came across a story, which I translated into German as good as I could and which can be read in the original at https://medium.com/@xinwenxiaojie/the-wisdom-and-wit-of-a-hong-kong-uncle-6c29ef741221. I want to thank Yuen Chan for the permission to publish it.


Yuen Chan:
„Wie viele Hongkonger trage ich in diesen vergangenen Tagen eine Schwere mit mir herum – eine wütende, schmerzende, unordentliche Schwere, die wie ein Verlust aussieht, sich aber auch wie Wut anfühlt. Und bevor mir jemand erklärt, dass ich das hätte kommen sehen müssen – dass es kaum eine Überraschung ist, dass die Kommunistische Partei Chinas den Rechtsstaat in Hongkong torpedieren würde, lassen Sie mich sagen, dass das Wissen, dass Schrecken geschehen werden, nicht hilft, den Schmerz zu lindern, wenn sie geschehen.

Als der Staatsrat im August 2014 sein Weißbuch über Hongkong veröffentlichte, in dem er die „vollständige Regierung“ Pekings über Hongkong darlegte, hatte ich das Gefühl, dass mir jemand in den Magen geschlagen und den Boden unter mir weggezogen hatte.
Es wurde argumentiert, dass der Text nichts an der Realität des Status und der Beziehungen Hongkongs zum Zentrum ändere, aber die politische Absicht war klar.
Das Ende von „Ein Land, zwei Systeme“, wie wir es kannten, war in Stein gemeißelt, es gab kein Zurück mehr.

Dennoch haben die Hongkonger immer wieder gezeigt, dass sie nicht bereit sind, aufzugeben. Das haben sie während der Umbrella-Bewegung bewiesen, und sie haben es erneut bewiesen, indem sie aus der Mutlosigkeit und politischen Malaise der Jahre nach der Umbrella-Bewegung heraustraten und 2019 in noch nie dagewesener Zahl gegen das Auslieferungsgesetz protestierten.

Der jüngste Schritt Pekings, die einseitige Verabschiedung eines nationalen Sicherheitsgesetzes, das am Ende selbst zur Ächtung von abweichenden Meinungen führen könnte, ist der bisher brutalste Angriff auf das Konzept Hongkong selbst. Wie kann es etwas anderes sein als ein Versagen der KPCh, dass sie auf die „Laam Chau“-Strategie der verbrannten Erde zurückgreifen musste, die von einigen der Protestierenden in Hongkong, die die KPCh so sehr verabscheut, vertreten wird?

In Zeiten wie diesen, in denen wir uns von der Schwere des Schicksals verzehrt sehen, ist es die Weisheit aus den Straßen Hongkongs, die uns daran erinnert, dass die Hoffnung zuletzt stirbt.
Im Laufe der Jahre haben mich die Gespräche, die ich geführt habe, und Gesprächsfetzen, die ich von den „Tanten und Onkeln Hongkongs“ mitbekommen habe, ermutigt, aufgemuntert und inspiriert.
Ihre aufschlussreichen und bodenständigen Worte sind auf den Straßen, in Bussen und Zügen, an Marktständen und in Geschäften zu hören.
Manchmal verbreiten sie sich viral, wie zum Beispiel eine mit Schimpfwörtern gespickte Abhandlung über die Auslieferungsgesetze, die von einem Fleischhacker aus einem Barbeque Dinner Restaurant stammt.“

Heute las ich einen Beitrag von einer Freundin, in dem sie ihre jüngste Begegnung mit einem Lieferanten dieser Art von Hongkonger Volksweisheit dokumentierte – einem „MiniBusUncle“, einem Kleinbusfahrers in Tuen Mun. Ich habe den Dialog vollständig übersetzt, damit andere die Weisheit und den Witz eines „Onkels aus Hongkong“ erfahren können.

„R“ ist die Freundin von Yuen Chan und „MBU“ der „MiniBus Uncle“.

R war der einzige Fahrgast im Kleinbus, und der Fahrer musste warten, aus einer Haltestelle herauszufahren, weil mitten auf der Straße ein Auto geparkt war.

R: „Hey, ich wusste nicht, dass man mitten auf der Straße so anhalten darf.“
MBU: „Das darf man auch nicht, aber heutzutage machen die Leute, was sie wollen.“
R: „Wie kommt es, dass die Polizei ihnen keine Geldstrafe auferlegt?“
MBU: (lacht ironisch) „Dafür hat die Polizei keine Zeit.“
Der MBU sah aus, als wäre um die schzig Jahre alt. Er hörte lieber klassische Musik als Cantopop aus den 1980er Jahren. Schließlich stellte er die Musik ab, um mit R zu sprechen.
MBU:„So ist es heutzutage, wer die Macht hat, hat Recht“
R (war vorsichtig geworden, da sie sich noch nicht klar war über die politischen Neigungen des MiniBus Uncles): „Also ist es wie ein Rückkehr in die 1960er Jahre?“
MBU: „Dagegen kann man nicht viel tun. Die Sanftmütigen werden schickaniert und missbraucht. Ich dachte immer, diese Welt sei verrückt und müsse „eingerenkt“ werden (Anm: Er benutzte das Wort „sorting out“, was auch „aussortieren“ bedeuten könnte.)
R. machte sich Gedanken, was MBU mit „eingerenkt / aussortieren“ meinen könnte, also antwortete sie nicht. Der MBU fuhr fort:
„Es ist wirklich verrückt. Schauen Sie sich die Festlandbewohner an (Anm: Gemeint sind die Chinesen in der Volksrepublik China). Hey, das ist wirklich zu viel für einen. Als ich dort war, haben sie mich nur beschimpft und gesagt, wir würden uns für die Unabhängigkeit Hong Kongs einsetzen. So eine Scheisse! Welches Recht haben sie, über die Unabhängigkeit Hong Kongs zu schimpfen?
Früher haben die Hongkonger Millionen und Abermillionen von Hilfsgütern auf das Festland geschickt. Selbst wenn wir uns wirklich um die Unabhängigkeit Hong Kongs bemüht hätten; welches Recht haben sie, sich dazu zu äußern?
Wenn die Hongkonger Chinesen sind, dann ist die Unabhängigkeit Hong Kongs immer noch die eines chinesischen Volkes, das in einem chinesischen Ort regiert.
Was ist daran falsch?
R. dachte sich:„Hmm, dem kann man nichts entgegensetzen.“ Der MiniBus Onkel machte weiter, ohne sich davn abbringen zu lassen.
MBU: „Ich sage, ich bin ein Hongkonger wo immer ich hingehe. Ob nach Taiwan, nach Japan…
Der MiniBus Uncle scheint den Wunsch zu verspüren, R. als jungen Menschen zu ermutigen.
MBU:“ Ich sage meinen Töchtern, dass ich denke, dass sie unter zu grossem psychischen Druck stehen. Ich sage ihnen, dass diese Welt verrückt ist, aber am Ende wird sie besser sein. Sie wird besser sein. Am Ende wird die Freundlichkeit/ die Güte siegen.
R:„Aber haben Sie nicht vorher gesagt, dass die Sanftmütigen missbraucht werden?
MBU:„Ja, aber am Ende wird alles gut sein, Gott wird die Welt retten! Obwohl ich nicht an Gott glaube!“ (lacht)
„Ich habe in meinem Leben schon Schlimmeres erlebt. Während der Kulturrevolution sah ich zu, wie meine Klassenkameraden gegen Menschen „kämpften“, Menschen schlugen, sie zu Brei schlugen. Ich konnte es nicht tun.
Ich musste fliehen. Meine Mutter sagte mir, ich solle nicht zurückkommen.
Ich sagte ihr, sie solle sich entspannen: „Ich werde auf jeden Fall länger leben als die KPCh!“

Als R. aufstand um zu gehen, da sie die Haltestelle erreicht hatten, sagte der MiniBus Uncle:
„Vertrauen
Sie mir, es wird besser werden!

Mögen wir alle leben und mögen wir alle auf MiniBus Uncle vertrauen.