Heute will ich mal für die Uhrzeitangaben in der Schwäbischen Hochsprache eine Lanze brechen. Ausserhalb der schwäbischen Sprachgrenzen wird oft behauptet, dass die Uhrzeitangaben für 15 Minuten nach und 15 Minuten vor der vollen Stunde im Schwäbischen unlogisch seien.
Natürlich muss ich als gebürtiger Schwabe da vehement widersprechen.
Wir sagen im Schwäbischen nicht „15 Minuten nach zehn“, oder „Viertel nach zehn“, sondern „Viertel Elf(e)“. Auch „15 Minuten vor elf“ oder „Viertel vor elf“ wird äusserst selten genommen. Das heisst bei uns „Dreiviertel Elf(e)“.
Diese Uhrzeitangaben sind nicht mehr oder weniger unlogisch als das „Viertel vor“, „Viertel nach“ in anderen Sprachgebieten.
Da der Schwabe an sich ein Geniesser ist, und dazu noch ein praxisbezogener Mensch, der sich viele Dinge gerne bildlich vorstellt, ist die Uhrzeit bei uns einfach auch aus der theoretischen Ebene auf eine praktische gehoben worden.
Mit dieser Anlehnung an wirkliche und damit auch greifbare – und damit sind bei uns auch ess- und trinkbare Stoffe und Vorgänge mit einbezogen – Dinge wird auch die Uhrzeit greifbar und vorstellbar.
Nehmen wir mal ein Trinkglas als Vorlage. Wir holen es aus dem Schrank und es ist leer. Jetzt füllen wir es langsam auf. Nach kurzer Zeit ist es zu einem Viertel voll und nicht etwa ein „Viertel nach leer“. Halb voll ist klar und dann kommen wir langsam zu dem Zustand, bei dem das Glas dreiviertel voll ist. Und nicht „Viertel vor voll“.
Ist doch ganz logisch, oder?
Viel mehr muss ich doch da nicht ausführen, oder?
Also bitte in Zukunft nicht überheblich den Kopf schütteln, wenn sich jemand um „Dreiviertel Siebene“ mit Euch treffen will, sondern entweder bitten, die Uhrzeit auf schriftdeutsch zu übersetzen, oder sich einfach das Glas vorstellen, das zu dreiviertel mit einem guten, erfrischenden Getränk gefüllt ist.