Wer kennt Lou Ottens?
Und wer kennt die „Compact Cassette“?
Wer weiss noch, was „Bandsalat“ ist?
Willkommen in den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts, als extra für die „MusiCassette“ der Walkman von Sony entwickelt wurde.
Aber der Reihe nach:
Lodewijk Frederik Ottens, genannt „Lou“, wurde am 21. Juni 1926 in Bellingwolde in den Niederlanden geboren.
Und am 6. März 2021 starb er im niederländischen Duizel.
In den dazwischenliegenden 95 Jahren hat der tüftelnde Ingenieur uns einige hilfreiche und angenehme Erfindungen und Entwicklungen gebracht oder zumindest daran mitgewirkt.
Schon während des Zweiten Weltkrieges hat Ottens für sich einen „Germanenfilter“ entwickelt, der es ihm erlaubte, die verbotenen britischen Sender trotz der deutschen Störsemder zu hören.
Kommen wir zur Kompakt Kassette, auch Musik Kassette oder Audio Kassette genannt.
Da ich 1960 geboren bin, habe ich den Umstieg vom Tonband zur Kompakt Kassette quasi verschlafen.
Neben der Fotografie und der Schmalfilmerei hat meinen Vater so ziemlich alles Technische interessiert; und so hatte er auch ein „Grundig“ Tonbandgerät mit den Tonbandspulen, bei der man auf der einen Seite die volle, mit dem Tonband bestückte Spule aufgesteckt hat und auf der anderen Seite eine Leerspule.
Dann wurde das Band an den Tonköpfen vorbeigeführt und in die Leerspule eingefädelt.
Und dann kam die Kompakt Kassette. Ein etwa Zigarettenschachtelgroßes Ding aus Plastik mit einem kleinen Fenster drin, wo man zwei winzig kleine Tonbandspulen sehen konnte. An der Unterseite dieses Plastikgehäuses erschien das Band kurzfristig „im Freien“, geschützt durch ein paar Plastikstege, um gleich danach wieder in der Plastikdose zu verschwinden.
Natürlich war das kleine, schmale Magnetband kein professioneller Ersatz für die Tonbänder, aber für diejenigen, die gerne Musik aus dem Radio aufgenommen haben, war der Kassettenrecorder schon bald ein wichtiger Bestandteil der Musikanlage.
Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich den Rekorder auf „Aufnahme“ und „Pause“ hatte und dann immer, wenn ein gutes Lied gelaufen ist, einfach die „Pause“ Taste gelöst habe und die Kassette ist losgelaufen und hat das Lied aufgenommen. Titel und Interpret wurden akribisch auf dem Kärtchen, welches in der Kassettenverpackung war, aufgeschrieben.
Ich glaube, ich habe mehrere hundert Kassetten (immer noch). Heute quasi Sondermüll, da zwar Plastikverpackung, aber mit Tonband drin.
Bandsalat? Ja, den gab es auch. Vor allem, wenn die Mechanik des Rekorders nicht mehr ganz ok war, oder die Transportrollen nicht mehr sauber und vielleicht sogar leicht klebten. Dann wickelte sich das dünne Band um alle möglichen und unmöglichen Teile im Gerät und manchmal konnte man die Musik auf einmal rückwärts hören. Danach war Geduld angesagt, wenn man das Band retten wollte, oder Brachialgewalt, um das Band stückchenweise herauszupfriemeln.
Es gab verschiedene Lauflängen der Kassetten, angegeben mit C30 für 30 Minuten, C60 für eine Stunde und dann noch C90 und C120.
Da die Bänder immer in die gleichen Kassetten passen mussten, waren die später entwickelten C90 und C120 Bänder dünner als die C30 und die C60 Bänder, waren auch ein wenig prädestinierter für „Bandsalat“, der sich bis in die Tiefen der Kassettenrekorder ziehen konnte. Aber diese Geräte konnte man wenigstens noch aufschrauben und somit auch reinigen und vom Bandsalat befreien.
Für unterwegs waren die Geräte zwar ein wenig groß, aber so ein richtiger „Ghettoblaster“ mit der richtigen Musik machte auch bei den Streetgangs was her.
Als dann 1979 Sony mit dem Walkman auf den Markt kam, war die Kassette endlich portabel und die Entwicklung von Lou Ottens der Standard der Konservenmusik. Ich hatte mir für 49 DM (das war die Währung vor dem Euro in der damaligen Bundesrepublik Deutschland) einen Kassettenspieler (also ohne Aufnahmefunktion) für Mama´s VW Käfer gekauft, da dort nur ein normales Autoradio drin war.
Meine Schallplatten wurden alle auf Kassette gespielt, damit sie nicht so beansprucht wurden. So konnte ich sie rauf und runter spielen. Und meist ging eine LP auf eine Kassettenseite. Ja, eine Kassette hatte auch zwei Seiten; die obere Hälfte des Bandes und die untere Hälfte. Später kamen dann Geräte auf den Markt, die zwei Tonköpfe hatten, sich „Autoreverse“ nannten und somit automatisch ohne manuelles Kassettenumdrehen die zweite Seite spielten. Aber so ein Gerät konnte ich mir erst 1988 von meinem ersten Gehalt leisten.
Was kam nach der Kassette? Richtig, die CD. Und auch da hatte Lou Ottens auch wieder einen Anteil an der technischen Entwicklung.
Nun ist Lou in hohem Alter gestorben und die Musik läuft in unseren Geräten, ohne dass man sieht, dass sich irgendwas bewegt. Eigentlich langweilig. Ich glaube, ich lege mal wieder eine Kassette ein und höre mir den „Old Sound“ an.