Normalerweise bin ich ein begeisterter Leser. Jahresabo bei der Stadtbücherei seit ewigen Zeiten und jetzt natürlich auch die Möglichkeit, über diese Mitgliedschaft die E-Books auszuleihen.
Was immer wieder fehlt, ist die Muse, die Zeit, zu lesen.
Aber seit einigen Wochen scheint es wieder aufwärts zu gehen mit meinem „Bücherwurm“. Und deshalb versuche ich in unregelmässigen Abständen ein wenig von den Büchern zu berichten, die ich gelesen habe und die mich in irgendeiner Art gefesselt haben.
Der Schwerpunkt meiner aktuellen Interessen liegt stark bei Büchern über die Zeit 1920 bis in die Nachkriegsjahre des Zweiten Weltkriegs. Wie haben die Menschen gelebt, welche Freuden hatten sie, welche Schwierigkeiten ?
In diesem Zusammenhang bin ich über den Roman von Mechthild Borrmann gestolpert: „Grenzgänger“ heisst er und erzählt von einer Familie im Deutsch-Belgischen Grenzgebiet in den 1950er und 1960er Jahren.
Henni lebt mit ihren Eltern und drei Geschwistern, einer jüngeren Schwester und zwei jüngeren Brüdern in einem kleinen Ort nahe der Grenze.
Im Grenzgebiet schmuggeln viele Deutsche Kaffee aus Belgien über die grüne Grenze. Nicht ungefährlich, aber die Not treibt auch schon die Kinder dazu, etwas über diese Kanäle mitzuverdienen.
Hennis Mutter ist zwischenzeitlich verstorben und ihr Vater ist durch Kriegsfolgen nicht in der Lage, seinem gelernten Beruf nachzugehen und sorgt sich wenig bis gar nicht um die Kinder. Die siebzehnjährige Henni versorgt ihre Geschwister und sich, so gut sie kann.
Nachdem das Schmuggeln immer gefährlicher wird, wagt es Henni, die Schmuggeltour durch das Moor weiterzuführen. Sie kennt die Wege und dorthin kommen die Zöllner mit ihren Hunden nicht.
Eines Tages wird die Schmugglergruppe doch gestellt und die kleine Schwester von Henni wird von einem Zollbeamten erschossen.
Daraufhin kommt Henni 1951 in ein Erziehungsheim und der Vater entscheidet, seine zwei Söhne in die Obhut eines kirchlich geführten Heimes zu geben, wo der junge Matthias an einer Lungenentzündung stirbt.
Der Roman führt uns von der Gegenwart, wo Henni wegen angeblicher Brandstiftung im Elternhaus und dem Tod des Vaters durch den Brand angeklagt ist, zurück zu den Anfängen nach dem Krieg und durch die Ereignisse und Jahre bis zur Verhandlung.
In diesem Roman, in welchem Mechthild Borrmann aus vielen Bausteinen der Nachkriegszeit eine spannende Handlung gemacht hat, kommen die gesellschaftlichen Abhängigkeiten, die Macht der Kirche und auch die doppelbödige Moral der Gesellschaft sehr gut zur Geltung.
Mich hat das Buch gefesselt, da es sehr plastisch und realistisch die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg beschreibt. Auf eindrückliche Weise wird dargestellt, dass es nach dem Krieg nicht nur aufwärts ging, sondern altes Denken und Gebräuche sowie die Not in der Nachkriegszeit bis lange nach Kriegsende die Menschen beeinflusst hat.
Ich werde sicher in der nächsten Zeit weitere Bücher von Mechthild Borrmann lesen.
Information zu Mechthild Borrmann (Wikipedia, externer Link)
„Grenzgänger“ Roman. Droemer, München 2018, ISBN 978-3-426-28179-6