Der Zuhalter

Nein, es fehlen keine „Ä-Tüpfelchen“ auf dem A… es ist kein Schreibfehler.

Dies ist die Geschichte eines Zuhalters, der seit einigen Jahren an der Haustüre des Miezhauses, in dem ich wohne, befestigt ist, und der, wahrscheinlich im Gegensatz zu vielen anderen seiner Art, ein wahrlich bewegtes Leben hatte, beziehungsweise noch hat.

So ein Zuhalter kommt meist an die Haustüre, wenn in einem Miezhaus Menschen wohnen, die entweder bis zu ihrem Einzug in Höhlen gelebt haben und somit maximal ein Fell oder einen „Teppich“ (woanders nennt man sowas auch „Decke“ oder „Vorhang“) zum Behufe der Abhaltung sowohl leidiger Zugluft als auch dergestalter Blicke vor ihrem Loch hatten, oder aber das Glück hatten, an einem Hang zu wohnen, wo dann die Tür automatisch zugefallen ist.

Da sich scheinbar in unserem Haus Individuen beider Herkunft, gepaart mit Analphabetismus oder absoluter Sehschwäche aufhalten – denn wie kann man sonst ein Plakat in A3 Größe mit „Bitte Türe Schließen“ übersehen – wurde nach einiger Zeit der Nächte der offenen Tür also ein Zuhalter an die Haustüre gepfriemelt.

Dabei ist gepfriemelt wahrscheinlich noch ein zu schönes Wort für diesen Schwarzarbeiter-Heimwerker-Pfusch, der sich dann eines Tages an der Außenseite (!!!) der Haustüre befand.

Ja, die Türe ging jetzt schwer auf und dafür mit einem nicht zu überhörenden „Rumms“ ziemlich schnell wieder zu.

Ich bin eigentlich nicht so der sportliche Typ, aber wenn es um mein Leben geht, kann ich recht schnell sein. Und bei diesem Zuhalter ging es um mein Leben. Denn wenn es mal keinen „Rumms“ gemacht hat, dann war im besten Falle ein Gegenstand, im schlimmsten Falle ein Lebewesen in die Zuhalterfalle geraten.

Nach einigen Wochen ging dann die Türe nur noch zu einem Drittel auf, dann verhakte der Zuhalter, und wenn man dann mit Nachdruck die Türe weiter öffnete, dann blieb sie auch offen. Also so, wie am Anfang.

Ein paar Wochen später hatte der Zuhalter nicht mehr alle Schrauben fest, bzw. einige locker und hing leicht motivationslos an der oberen Türkante.

Es vergingen somit ein paar sinnlose Monate für unseren Zuhalter und als das Wetter kälter wurde, hat sich jemand erbarmt und ihn an den inneren Türrahmen montiert.

Sich seiner Aufgabe wieder erinnernd, schob der Zuhalter jetzt wieder mit einer Vehemenz die Türe zu, bis sich ein Mieter beklagte, dass bei jeder Türschließung sowohl er aus dem Bett als auch seine Tassen aus dem Schrank fielen.

Keiner wollte natürlich es dem armen Mann, der schon jetzt nicht mehr alle Tassen hatte, zumuten, auch den Verlust der letzten Trinkgefäße beklagen zu müssen. Deshalb wurde dem Zuhalter die Kraft reduziert, damit die Tür nur noch ganz sanft ins Schloss gefallen ist.

Dies klappte jedoch nur bei Temperaturen über 10 Grad. War es kälter, flutschte die Tür nicht mehr so geschmeidig ins Schloss, so dass unser Zuhalter nicht mehr als zuverlässig eingestuft werden konnte.

Nachdem sich die Türe auch noch verzogen hatte und irgendwie auch der Zuhalter wieder schwächelte, tat es irgendwann mal einen Knall, und das Gelenk, vielmehr der Bolzen, der dem Zuhalterknie zur Bewegung verhalf, lag hilflos am Boden.

Danach auf der Treppe.

Und einen Tag danach auf der Ablage über den Briefkästen.

Unser Zuhalter ist seit heute wieder repariert.

Ich konnte dies mit Verwunderung feststellen, als ich heute Abend die Haustüre aufgeschlossen habe, mir die Tür quasi aus der Hand gerissen wurde und mit Vollgas sich öffnete und erst an der Wand in voll geöffnetem Zustand zur Ruhe kam!

Der Zuhalter ist jetzt zum Aufhalter geworden und wir dürfen jetzt mit nicht unerheblicher Kraft die Türe schließen, die, wenn sie nicht ins Schloss gefallen ist, einem ganz schnell wieder entgegenkommt. So schnell, dass man das an der Innenseite der Türe angebrachte Schild „Türe bitte schließen“ nicht einmal vollständig lesen kann, bis man von der Kraft des Aufhalters an die Wand geklatscht wird.

P.S.: Wer sich jetzt immer noch nicht vorstellen kann, wie so ein Zuhalter aussieht, der gebe bitte mal in eine Such(t)maschine „Türschließer“ ein.